Der interessante Fall 10: Brennen an den Fußsohlen

Der 67jährige, deutlich übergewichtige Rentner wird von seiner Hausärztin zu uns überwiesen. Er betont, dass er in seinem Leben so gut wie nie "beim Doktor" war. Jetzt aber hätte ein im letzten halben Jahr immer häufiger und stärker auftretendes Brennen an beiden Fußsohlen ihn dazu bewogen, die Hausärztin um Rat zu fragen. Die Missempfindungen würden vor allem abends im Bett auftreten und immer häufiger das Einschlafen beeinträchtigen. Er müsse dann oft wieder aufstehen, reibe die Füße mit Franzbrandwein ein, was kurz zu einer Abkühlung und Besserung der Beschwerden führe. Tagsüber seien die Beschwerden dagegen sehr viel besser bzw. oft auch gar nicht mehr zu spüren.
Die von der Hausärztin bereits durchgeführten Blutuntersuchungen hätten hohe Cholesterinwerte und einen Blutzucker "an der Grenze" gezeigt.

Diagnose: Sensible Polyneuropathie bei beginnendem Diabetes

Bei der neurologischen Untersuchung fällt ein abgeschwächter Reflex an der Achillessehne auf beiden Seiten auf. Temperaturreize durch Auflegen eines kalten Gegenstandes werden am Oberschenkel deutlich besser wahrgenommen als am Fußrücken. Auch Vibrationsreize durch Anlegen einer schwingenden Stimmgabel werden unten am Fuß nur mehr kürzer als normal verspürt.
Ein sogenannter Glucose-Toleranztest bringt die Wahrheit ans Licht. Dabei muss der Patient ein Glas süßen Sirup trinken, der Blutzucker wird nüchtern und jeweils 1 bzw. 2 Stunden nach der Zuckeraufnahme bestimmt. Bei grenzwertigem Nüchtern-Blutzucker zeigt der Wert nach 2 Stunden bei unserem Rentner einen deutlich erhöhten Wert.

Unser Patient leidet an einer frühen Form der Zuckerkrankheit. Bereits in diesem Stadium kann es zu Störungen des Stoffwechsels der ganz dünnen Gefühlsnervenfasern kommen. Diese sind für die Leitung von Schmerz- und Temperaturreizen zuständig.
Durch die Fehlfunktion dieser Nervenfasern kann es zum Auftreten spontaner Reize und damit zu den brennenden und schmerzhaften Missempfindungen kommen. Betroffen sind die Regionen, die am weitesten von der Nervenzelle im Rückenmark entfernt sind, also oft die Zehen und Fußsohlen.

Die symmetrisch beidseits die Nerven betreffende Funktionsstörung wird als "Polyneuropathie" bezeichet. Ein Diabetes und erhöhter Alkoholkonsum sind die häufigsten Ursachen einer Polyneuropathie.

Eine Behandlung des Diabetes zuerst durch Diät und Gewichtsabnahme ist unbedingt erforderlich, da sonst eine Zunahme der Beschwerden erwartet werden muss. Gegen die Missempfindungen können außerdem rasch wirksame, die Nerven stabilisierende Medikamente eingesetzt werden.

Das sollten Sie außerdem lesen: Ihre Krankheitsdaten bald im Internet ?

Interessieren Sie sich für andere Fälle aus unserer Praxis ?
Hier ist eine Liste der bisher veröffentlichten Fälle:

Fall  1: Immer wieder auftretende, heftige, einseitige Kopfschmerzen
Fall  2: Regelmäßig nachts auftretendes Taubheitsgefühl und Schmerzen einer Hand
F
all  3: Zunehmendes Zittern beider Hände
F
all  4: Täglicher Kopfschmerz mit regelmäßiger Schmerzmittel-Einnahme
F
all  5: Wiederholtes Drehgefühl mit Schwindel beim Hinlegen oder Aufrichten
F
all  6: Erst Gesichtsfeldeinschränkung, dann Sprachstörung, dann Kopfschmerz
F
all  7: Einseitige Gesichtslähmung
F
all  8: Großflächige Gefühlsstörung am Oberschenkel
F
all  9: Häufige nächtliche Wadenkrämpfe
F
all 10: Brennen an den Fußsohlen
F
all 11: Abendlicher Bewegungsdrang der Beine
F
all 12: Anhaltendes Taubheitsgefühl von Ringfinger und kleinem Finger
F
all 13: Nächtliches Schreien, Schlagen, Treten
F
all 14: Immer wieder auftretende Rückenschmerzen
F
all 15: Nächtliche Bewusstlosigkeit

17 Gedanken zu “Der interessante Fall 10: Brennen an den Fußsohlen

  1. Anonymous

    Meine Frau ist normalgewichtig, hat aber seit ihrer Jugend zu hohe Cholesterinwerte. Seit einigen Jahren hat meine Frau heisse Fusssohlen vor allem in der Nacht im Bett. Die Beschwerden nehmen ständig zu. Der Arzt spricht von Polyneuropathie, und hat Lyrica verschrieben. Meine Frau verträgt Lyrica nicht. Was für Alternativmethoden wären möglich? Zur Regulierung des Cholesterin nimmt sie Atorvastatin.

    Antwort
    1. Beitragsautor

      Hallo Herr Schumacher,
      eine individuelle medizinische Beratung ohne Untersuchung des Patienten ist hier leider nicht möglich. Grundsätzlich sollte jedoch vor der Behandlung erst die genaue Diagnose möglichst mit Klärung der Ursache der Polyneuropathie stehen. Es gibt eine Reihe von Alternativen zu Lyrica, aber diese Medikamente bekämpfen nur die Symptome, nicht die Ursache der Polyneuropathie. Ich empfehle Ihrer Frau - sofern bisher nicht erfolgt - die Vorstellung bei einem Neurologen.

      Antwort
  2. Ursula Berg-Gassert

    Ich habe "brennende" Fuss-Sohlen aber die Füsse fühlen sich nicht heiss an. Fällt das trotzdem in diesen Krankheitsbereich?

    Antwort
    1. Beitragsautor

      Brennende Missempfindungen an den Fußsohlen sind zunächst nur ein Hinweis darauf, dass eine beginnende Leitungsstörung der ganz dünnen Gefühls-Nervenfasern vorliegen kann. Es gibt viele mögliche Ursachen und nicht selten lässt sich auch gar keine Ursache nachweisen. Falls man eine Ursache findet, muss diese natürlich behandelt werden.
      Findet sich auch im weiteren Verlauf keine Ursache, liegt eine sogenannte "idiopathische sensible Polyneuropathie" vor. Die Beschwerden können sich von selbst bessern oder auch weiter zunehmen. Schlimme Folgen sind bei diesen Neuropathien nicht zu befürchten. Eine Besserung kann in diesen Fällen durch Medikamente erreicht werden, welche gezielt die Überregbarkeit der Nervenfasern vermindern.
      Eine zumindest einmalige Untersuchung durch einen Neurologen ist v.a. bei zunehmenden Beschwerden zu empfehlen.

      Antwort
  3. Anonymous

    Ich nehme seit ca. 1 Jahr Metformin 500, 2x tgl 1 Tbl. und 1 xtgl. Artorvastatin
    ein. Ich habe seit einer guten Woche brennen an den Fusssohlen die zwar
    durch kühlen besser werden, aber sonst den ganzen Tag und Nacht da sind.
    Was kann ich tun. Meine Blutwerte waren beim Checkup alle ok.

    Antwort
    1. Beitragsautor

      Ihre Medikation lässt darauf schließen, dass Sie an einem Diabetes leiden. Oft sind die unter Therapie auftretenden Beschwerden ein Hinweis darauf, dass der Diabetes nicht optimal eingestellt ist. Neben der Anpassung der Medikamente müssen vor allem Sie selbst darauf achten, die Diätvorgaben einzuhalten. Sie sollten ggf. einen Diabetologen aufsuchen, sofern ein solcher noch nicht in Ihre Behandlung eingebunden ist. Es gibt zudem auch Medikamente, die diese Missempfindungen deutlich abmildern können. Diese kann Ihnen der Diabetologe verordnen oder Sie suchen sich auch einen Neurologen, der dann auch die Nerven im weiteren Verlauf kontrollieren kann.

      Antwort
  4. Anonymous

    Hallo
    Ich habe auch übergewicht
    Aber meine blutwerte sind ok
    Das jucken an meinen fuss sohlen macht mich verrückt. Tags über hab ich brennen unter meinen füssen wobei ich mich mehrmals hinlegennumd füsse hochsteĺlen muss das es abkühlt und abends oft im bett diesen juckreiz

    Antwort
    1. Beitragsautor

      Auch ohne Nachweis einer Ursache lassen sich Brennen und Juckreiz gut mit Medikamenten bessern. Fragen Sie Ihren Hausarzt oder - falls dieser keinen Rat weiß - suchen Sie sich einen Neurologen in Ihrer Nähe, der Sie dann beraten und behandeln kann.

      Antwort
  5. Gast aus der Schweiz

    Ich habe den Bericht mit Interesse gelesen. Bei mir ist vieles ähnlich.
    Habe heisse Fusssohlen und (etwas weniger stark) auch heisse Innenseiten der Hände. Bin bei einem Neurologen angemeldet, habe aber noch keinen Termin (wird wohl ein paar Wochen dauern).
    Nur zur konkreten Frage: Sie schreiben im Text, der Patient hätte bei der ärztlichen Untersuchung einen Blutzuckerwert, der "an der Grenze" liegt. Ich habe einen Langzeitzuckwert, der eigentlich gut ist (5.3), teilweise jedoch einen Nüchternwert, der ebenfalls an der Grenze ist (so um 6.0, ab und zu jedoch auch gute Werte von 5.2). Mein Hausarzt schliesst Diabetes wegen des guten Langzeitwert aus.
    Könnten meine Probleme dennoch von einem beginnenden Diabetes her kommen?

    Antwort
    1. Beitragsautor

      Hitzegefühl an den Füßen KANN Ausdruck einer Polyneuropathie sein, die Ursache KANN ein beginnender Diabetes sein. Bei grenzwertigen Werten des Nüchtern-Blutzuckers und/oder des HbA1c ("Langzeit"-Wert) sollte ein Zuckerbelastungstest durchgeführt werden (sog. oraler Glucose-Toleranztest). Der Patient trinkt einen süßen Sirup und nach einer und zwei Stunden wird jeweils der Blutzuckerwert bestimmt. Bei zu hohen Werten liegt möglicherweise ein sog. "latenter" Diabetes vor. Im Zweifelsfall müssen Sie sich hierzu bei einem Diabetologen vorstellen.

      Antwort
  6. Asmir Ibrakic

    Halo alle zusammen
    Ich habe brennende Fussohlen seit 10 Jahren
    Ich war in der Uniklinik Haidelberg
    Sie haben mich durchgecheckt von Kopf bis Fuß das ganze Procedere
    Finden aber nichts
    Die Schmerzen sind 24 Stunden da
    Ich habe keine Ahnung was ich machen soll
    Medikamente wie lyrica verschiedene opiatenmedikamente alles hat nichts geholfen
    Jeden Freitag trinke ich hefeweizen 2 Glas nach Fußballtrening und danach werden meine Füße noch trocken und noch mehr brennend

    Daraus weiß ich wenigstens diese eine Sache dass mir Hefeweizen nichts gutes bringt
    Also wenn mir jemand helfen könnte diese Schmerzen wenigsten einwenig zu minimieren möchte sich bitte melden
    Es ist kein Spaß

    Mit freundlichen Grüßen
    Herr I.A

    Antwort
    1. Beitragsautor

      Lieber Herr Ibracic,
      leider kann ich keine Ferndiagnosen stellen. Bei chronischen Schmerzen lässt sich in der Regel eine Besserung erreichen, aber es müssen oft mehrere verschiedene Medikamente nacheinander ausprobiert werden. Nachdem die genannten Medikamente keine Wirkung gezeigt haben und sich keine Ursache nachweisen lässt würde ich einen Behandlungsversuch mit niedrig dosiertem Amitriptylin z.B. durch Ihren Hausarzt empfehlen. Die andere Möglichkeit ist die Vorstellung bei einem Neurologen oder Schmerztherapeuten. Allerdings ist Ihr regelmäßiger Alkoholkonsum möglicherweise Teil des Problems, denn dadurch kann es über die Zeit zu einer Schädigung v.a. der Schmerz-Nervenfasern kommen (Polyneuropathie, Alkohol ist die zweithäufigste Ursache). Ich würde Ihnen dringend zumindest zu einer mehrmonatigen Alkoholpause raten.

      Antwort
  7. Manfred Wiegand

    Hallo zusammen,
    ich bin leidenschaftlicher Rennradfahrer (67 Jahre) und habe seit einer schweren Radtour im September 2016 ein erst leicht spürbares Brennen in den Füßen gespürt, dass sich dann aber bis heute immer stärker entwickelt hat. Mittlerweile brennen die Fußsohlen bei Belastung immer heftige (im Ruhezustand beruhigt es sich dann geht aber nicht weg) und die Fußsohlen werden auch rot.
    Ärztliche Untersuchung haben keinen Vitaminmangel und keine Diabetes ergeben. Ein aufgesuchter Neurologe hat ein MRT der HWS und BWS veranlasst, wo ein enggestellter Spinalkanal der HWS festgestellt wurde. Dadurch kann es zu Nervenwurzelreizungen kommen, die dann evtl. bis in die Fußsohlen wirken. Auch kann bei der Radtour 2016, wo meine Beinmuskalatur mehrfach übersäuerte, eine Schädigung an den Nervenhüllen entstanden sein.

    Leider alles Kann-Diagnosen die mir nicht wirklich weiterhelfen.

    Kennt jemand einen ähnlich gelagerten Fall und hat mit einer Behandlung erfolgt gehabt.

    Vielen Dank vorab für eine evtl. Antwort.

    MW

    Antwort
    1. Beitragsautor

      Ihr Fall ist beispielhaft für ein Missverständnis, wie es zwischen Arzt und Patient immer wieder vorkommt. Patienten und Ärzte denken verschieden. Der Patient denkt: ich habe ein Problem, dafür muss es eine Ursache geben und solange jemand "kann sein" sagt, ist er sich nicht sicher und die Ursache ist noch nicht gefunden. Der Arzt denkt so: Welche Ursache können die Beschwerden im schlimmsten Fall haben, was kommt dann als das nächst Schlimmere in Betracht, was danach usw. Er macht die Untersuchungen, die erforderlich sind, um alle die Erkrankungen auszuschließen, die unbedingt behandelt werden müssen. Es kommt dann der Punkt, an dem noch eine Gruppe von Möglichkeiten überbleibt, die (zumindest zunächst) nicht gefährlich sind. Umgekehrt werden die noch möglichen Untersuchungsmethoden zur Klärung selbst immer risikoreicher (z.B. Liquorpunktion, Nervenbiopsie). Manche Störung hinterlässt auch einfach keine feststellbare oder messbare Veränderung. Es ist dann oft vernünftig, auch die Zeit als diagnostisches Mittel zu nutzen. Werden die Beschwerden schlimmer, werden vielleicht auch die Symptome eindeutiger und die Diagnose ist dann im Verlauf zu stellen. Nicht selten werden unklare Störungen aber auch von selbst irgendwann besser oder verschwinden. Zwar weiß dann keiner genau, was es war - ist dann aber auch egal.
      In Ihrem Fall hat Sie der Kollege offensichtlich gut untersucht. Er hat Ihnen sicher geraten, sich zunächst einmal zu schonen, um Ihrem Körper die Möglichkeit zu geben, eine vorliegende Störung auszuheilen. Darauf sollten Sie hören. Werden die Beschwerden trotzdem schlechter - siehe oben.

      Antwort
      1. Manfred Wiegand

        Hallo Herr Dr. Ippisch,

        zunächst danke ich für die schnelle Antwort auf mein Eintrag. Auch finde ich ihr Forum als sehr hilfreich und gelungen.

        Ich stimme ihren Ausführungen uneingeschränkt zu, es ist aber nicht einfach wenn man ein Leben lang sportlich aktiv war und dann auf einmal mit (noch) ungeklärten gesundheitlichen Einschränkungen klar kommen muss. Ich denke ich muss im Kopf einfach mal akzeptieren daß ich keine 30 Jahre mehr bin.

        Ich habe jetzt einen weiteren Termin beim Neurologen und hoffe weiterhin auf eine klärende Diagnose.

        Vielleicht melde ich mich nochmal in diesem Forum um abschließend zu berichten oder auch einen Rat einzuholen.

        Mit freundlichen Grüßen
        Manfred Wiegand

        Antwort

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